Campaigning, Menschenrechte

Briefe schreiben für Maria

Als sie 13 Jahre alt war, wurde Maria gezwungen, einen 70-jährigen Mann zu heiraten, der bereits 5 andere Frauen hatte. Ihr Vater versuchte ihren Widerstand zu brechen, indem er ihr drohte: «Wenn du nicht zu deinem Mann gehst, bringe ich dich um!» Über ein Drittel aller Frauen werden in Burkina Faso verheiratet, bevor sie 18 Jahre alt sind. 

Amnesty International: Briefmarathon 2

Mit Maria und ihrem tragischen Schicksal startet Amnesty International heute, am internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, den diesjährigen Briefmarathon. Dafür nutzt Amnesty International das erste Mal eine Website, mit der persönliche Brief erstellen können. Die Online-Plattform durfte ich  in Zusammenarbeit mit der Internet-Agentur Liip entwickeln.

Letztes Jahr haben Menschen in über 140 Ländern am Briefmarathon teilgenommen und über 2 Millionen Solidaritätsbotschaften geschrieben. Davon kamen über 30’000 aus der Schweiz.

briefmarahton

Die weltweit grösste Briefaktion für die Menschenrechte zeigt Wirkung: Gewissensgefangene werden freigelassen, Todesurteile in Haftstrafen umgewandelt oder die Haftbedingungen verbessern sich. 2014 kam der junge Nigerianer Moses Akatugba nach dem Briefmarathon frei, der in einem unfairen Prozess zum Tode verurteilt worden war.

maria.briefmarathon.ch

Standard
Campaigning, Netzpolitik, Social Media

Wohninitiative: Unterschriften sammeln im Netz!

In den frühen Morgenstunden des 4. September 2015 war Kickoff der Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» vom Schweizerische Mieterinnen- und Mieterverband (SMV), in Zusammenarbeit mit der SP, den Grünen und der AL. Die Initiative will den preisgünstigen Wohnungsbau fördern. Am ersten Tag wurden über 7500 Unterschriften im Netz gesammelt. Der Zähler steht Mitte November bei 15’000.

Zum zweiten Mal kann in der Schweiz eine Volksinitiative online unterzeichnet werden (vgl. Bericht SRF). Seit Frühling sammelt bereits Amnesty International mit dem «eCollector» für die Konzernverantwortungsinitiative Unterschriften im Internet. Seit Mitte September läuft zudem das erste Referendum gegen das Nachrichtendienstgesetz (NDG) über die Plattform.

Was hinter den Kulissen läuft erfahrt ihr im folgenden Interview, das Joël Bisang im April 2015 mit mir geführt hat.

Warum geht es beim «eCollector»?

Daniel Graf: Der eCollector ist ein Tool, das Organisationen und Initiativkomitees eine einfache Online-Sammlung von Unterschriften für Volksinitiativen und Referenden erlaubt. Man könnte sagen, wir bieten den bequemsten Weg, um rasch eine Initiative im Netz zu unterschreiben.

Wer ist «wir»? 

Der «eCollector» ist ein Gemeinschaftsprojekt von gamechanger und der Webagentur Liip. An der Entwicklung waren darüber hinaus verschiedene engagierte Personen beteiligt, die sich für politische Partizipation einsetzen. Die Lancierung des eCollector erfolgte im April 2015 in Zusammenarbeit mit Amnesty International anlässlich der Konzernverantwortungsinitiative, die alle Unternehmen mit Sitz in der Schweiz zu einer Sorgfaltsprüfung im Bereich Menschenrechte und Umwelt verpflichten will.

Die Erhöhung der Unterschriftenzahl für Volksinitiativen auf 200’000 ist ein heisses Thema. Leistet der eCollector den Befürwortern Vorschub?

Ich denke, wir sollten keine Angst vor einer Facebook-Demokratie und vor stärkerer politischer Partizipation haben. Selbstverständlich kann man darüber diskutieren, ob die heutige Unterschriftenzahl adäquat ist. Eine lebendige Demokratie darf aber nicht auf Ausschluss setzen, wenn sie die nächste Generation im Boot haben will.

Was hat euch auf die Idee für den eCollector gebracht?

Viele Organisationen, Parteien und NGO verfügen heute über eine breite Online-Kontaktbasis und auch im Netz über treue AktivistInnen, die beispielsweise regelmässig Online-Petitionen unterstützen. Dieses Potenzial wollten wir nutzen. Aus der Praxis ist zudem bekannt, dass – bedingt durch den Aufwand – nur wenige Menschen ein PDF herunterladen, es ausfüllen und zurückschicken. Das gilt insbesondere dann, wenn sie unterwegs sind und die Informationen auf dem Smartphone erhalten.

Der eCollector ist eine Art Web-Plattform. Was steckt dahinter?

Der eCollector nutzt erstmals die Möglichkeit, persönliche Daten für einen personalisierten Unterschriftenbogen zu verwenden. Das heisst, wer eine Initiative oder ein Referendum online unterschreiben will, erhält per E-Mail ein automatisch erstelltes PDF, in dem die benötigten persönlichen Angaben (Vorname, Adresse, Geburtsdatum) bereits eingefüllt sind. Sie oder er braucht nur noch den Nachnamen anzugeben und zu unterschreiben, anschliessend kann das Dokument ausgedruckt und zurückgeschickt werden. Rechtlich ist es so, dass bei nationalen Initiativen Nachname und Unterschrift zwingend handschriftlich angegeben werden müssen.

PDF in der Mailbox klingt gut. Aber was machen Leute, die unterwegs sind oder keinen Drucker haben?

Wer will kann sich mit dem eCollector das ganze Paket per Post, sozusagen analog, nach Hause schicken lassen und dann den unterzeichneten Unterschriftenbogen zurückschicken. Erste Erfahrungen mit der Amnesty-Initiative zeigen, dass rund 10 Prozent diesen Postservice in Anspruch genommen haben.

Bis jetzt werden Unterschriften auf der Strasse gesammelt. Welche Vorteile bietet das Netz?

Kampagnenaktivitäten im Netz können mit dem eCollector direkt an eine Unterschriftensammlung gekoppelt werden. Mitglieder und SympathisantInnen einer Organisation haben also die Möglichkeit, im Netz aktiv Unterschriften zu sammeln. Nicht zuletzt vergrössert der eCollector dank einem Schneeball-Effekt auch die Kontaktbasis einer Organisation. Wer unterschreibt kann andererseits selber eine Multiplikatoren-Rolle spielen, indem er oder sie die eigenen Online-Kontakte nutzt, um weitere Unterschriften zu sammeln.

Fehlt im Netz nicht die Möglichkeit des direkten Gesprächs, um Skeptiker zu überzeugen?

Interessierte finden auf der eCollector-Website kurze und knappe Informationen zum Anliegen der Initiative. Amnesty International hat zusätzlich ein Informationsvideo produziert, dass in zwei Minuten alles erklärt. Darüber hinaus ist die Kontaktpflege ein Grundprinzip des eCollector. Per E-Mail wird nachgefasst, weil wir davon ausgehen, dass Empfänger oft beschäftigt sind, wenn die erste Mail mit dem Unterschriftbogen bei ihnen eintrifft.

Steht der eCollector allen Organisationen offen?

Ja, wenn wir auch inhaltlich hinter dem Anliegen stehen können. Technisch ist das Tool so gestaltet, dass parallel mehrere Unterschriftensammlungen gleichzeitig möglich sind. Sammelaktionen können darüber hinaus kurzfristig lanciert werden, denn gerade bei Referenden ist die ja jeweils Zeit knapp.

Wie geht es weiter mit dem Projekt?

Wir arbeiten im Moment an einer Plattform, die in eine Engagement-Community eingebettet werden soll. Der Launch ist für Frühling 2016 geplant.

(Text aktualisiert am 19.11.2015).

Standard
Menschenrechte

Fluchthilfe statt Schlepperbanden: Asyl mit einem Klick

Nachdem Flüchtlingsdrama in Österreich trommeln die Politikerinnen und Politiker zum Kampf gegen die Schlepper. Doch die kriminellen Banden profitieren davon, dass Flüchtlinge kaum Möglichkeiten haben, legal in die EU oder auch in die Schweiz zu gelangen. Die Menschen müssen sich Schlepper anvertrauen und riskieren ihr Leben.

Seit der Abschaffung des Botschaftsasyls 2013 müssen Schutzbedürftige sich in der Schweiz aufhalten, um einen Antrag auf Asyl stellen zu können. Schweizer Botschaften können zwar humanitäre Visa ausstellen. Sie tun dies aber knauserig. Flüchten Menschen in Drittstaaten, haben sie in der Praxis kaum eine Chance, ein humanitäres Visum zu erhalten.

Dieser Zustand ist unhaltbar. Es braucht neue Wege, auf denen Schutzbedürftige sicher in die Schweiz gelangen können. Weshalb nutzt die Schweiz nicht die neuen Möglichkeiten, die sich mit dem Internet bieten? Für einen Asylantrag braucht es heute keine Botschaft mehr. Ein Formular im Internet würde genügen.

Ist ein Asyl-Schalter im Netz nur Zukunftsmusik? Im Gegenteil: Visa-Gesuche können bereits heute via Internet gestellt werden. Verfahren lassen sich auf diese Weise effizienter und noch dazu kostengünstiger abwickeln. Ein solcher Prozess wäre grundsätzlich auch für Asylgesuche denkbar. Der Vorteil liegt auf der Hand: Gefährdete Menschen könnten rund um die Uhr und überall auf der Welt Asyl beantragen. Zivilgesellschaftliche Organisationen hätten die Möglichkeit, Gesuche zu unterstützen und Informationen beizusteuern, welche die Prüfung erleichtern und beschleunigen würden.

Wir leben in einer Zeit, in der das Internet zu Recht ein Hoffnungsträger geworden ist. In so unterschiedlichen Ländern wie Syrien und China kämpfen Bloggerinnen und Blogger an vorderster Front gegen autoritäre Regierungen. Sie nehmen sich die Freiheit, Machtmissbrauch und Menschenrechtsverletzungen öffentlich zu machen.

Der Respekt gegenüber diesen Mutigen gibt dem Begriff «Asyl» die breite gesellschaftliche Anerkennung zurück, die in der entfesselten Missbrauchsdebatte verloren ging. Warum sollten wir Flüchtlingen nicht auch per Internet Schutz vor Verfolgung anbieten? Der Schweiz stünde es gut an, die «humanitären Traditionen» neu zu beleben. Ein einfacher Klick könnte ein Leben in Sicherheit und Würde ermöglichen.

Der Artikel ist die überarbeitete Version meines Textes, der im Bulletin von Solidarité sans frontières 2013 erschienen ist.

Standard
Campaigning, Medien, Social Media

Sonst fliegen wir! Erfolgreiche Nachtzug-Kampagne von umverkehR

Am 22. April hatte die verkehrspolitische Umweltorganisation umverkehr einen wichtigen Termin bei der SBB-Leitung. Sie präsentierten Toni Häne, Leiter Fernverkehr, und Armin Weber, Leiter Internationaler Personenverkehr die Ergebnisse einer Online-Umfrage.

blick

Die «Kundenbefragung» für die SBB hat umverkehR Anfang März 2015 gestartet, um mehr Fakten und Daten über die Nachfrage nach Nachtzugverbindungen zu sammeln. Bis Mitte April haben rund 5000 Personen daran teilgenommen. Die Umfrage ist Teil der Kampagne zur Rettung der Nachtzüge, die umverkehR mit einer Petition lanciert hat.

Die Umfrageergebnisse von umverkehR zeigen, dass eine deutliche Mehrheit von über 88 Prozent der Befragten ein Nachtzugverbindung nach Rom und Barcelona wünschten.

Interessant: Gibt es kein Nachtzugangebot, so wollen über 63 Prozent der Befragten auf das Flugzeug zurückgreifen. Diese Antwort steht aber im Widerspruch mit dem klimafreundlichen Reisen, welches immerhin 94 Prozent der Umfrageteilnehmer wichtig finden.

Im Kampf gegen die Streichung von Nachtzügen spannt umverkehR mit Partnern im Ausland zusammen. Am 20. Juni soll auf möglichst vielen europäischen Bahnhöfen für den Erhalt von Nachtzügen demonstriert werden.

Standard
Campaigning, Netzpolitik, Social Media

«Keine Angst vor der Facebook-Demokratie»: Online Unterschriften sammeln für Volksinitiativen und Referenden

Zum ersten Mal kann in der Schweiz eine Volksinitiative online unterzeichnet werden. Für die Konzernverantwortungsinitiative sammelt Amnesty International mit dem «eCollector», den ich zusammen mit Liip entwickelt habe, Unterschriften im Internet. Mit Erfolg: Gerade mal zwei Stunden nach der Lancierung hatten bereits über 1’000 Personen unterzeichnet. Was hinter den Kulissen läuft erfahrt ihr im folgenden Interview, das Joël Bisang mit mir geführt hat.

Heute wurde der «eCollector» lanciert, worum geht es?

Daniel Graf: Der eCollector ist ein Tool, das Organisationen und Initiativkomitees eine einfache Online-Sammlung von Unterschriften für Volksinitiativen und Referenden erlaubt. Man könnte sagen, wir bieten den bequemsten Weg, um rasch eine Initiative im Netz zu unterschreiben.

Wer ist «wir»? 

Der «eCollector» ist ein Gemeinschaftsprojekt von gamechanger und der Webagentur Liip. An der Entwicklung waren darüber hinaus verschiedene engagierte Personen beteiligt, die sich für politische Partizipation einsetzen. Die Lancierung des eCollector erfolgte in Zusammenarbeit mit Amnesty International anlässlich der Konzernverantwortungsinitiative, die alle Unternehmen mit Sitz in der Schweiz zu einer Sorgfaltsprüfung im Bereich Menschenrechte und Umwelt verpflichten will.

Die Erhöhung der Unterschriftenzahl für Volksinitiativen auf 200’000 ist ein heisses Thema. Leistet der eCollector den Befürwortern Vorschub?

Ich denke, wir sollten keine Angst vor einer Facebook-Demokratie und vor stärkerer politischer Partizipation haben. Selbstverständlich kann man darüber diskutieren, ob die heutige Unterschriftenzahl adäquat ist. Eine lebendige Demokratie darf aber nicht auf Ausschluss setzen, wenn sie die nächste Generation im Boot haben will.

persoenlich_1

Was hat euch auf die Idee für den eCollector gebracht?

Viele Organisationen, Parteien und NGO wie Amnesty International verfügen heute über eine breite Online-Kontaktbasis und auch im Netz über treue AktivistInnen, die beispielsweise regelmässig Online-Petitionen unterstützen. Dieses Potenzial wollten wir nutzen. Aus der Praxis ist zudem bekannt, dass – bedingt durch den Aufwand – nur wenige Menschen ein PDF herunterladen, es ausfüllen und zurückschicken. Das gilt insbesondere dann, wenn sie unterwegs sind und die Informationen auf dem Smartphone erhalten.

Der eCollector ist eine Art Web-Plattform. Was steckt dahinter?

Der eCollector nutzt erstmals die Möglichkeit, persönliche Daten für einen personalisierten Unterschriftenbogen zu verwenden. Das heisst, wer eine Initiative oder ein Referendum online unterschreiben will, erhält per E-Mail ein automatisch erstelltes PDF, in dem die benötigten persönlichen Angaben (Vorname, Adresse, Geburtsdatum) bereits eingefüllt sind. Sie oder er braucht nur noch den Nachnamen anzugeben und zu unterschreiben, anschliessend kann das Dokument ausgedruckt und zurückgeschickt werden. Rechtlich ist es so, dass bei nationalen Initiativen Nachname und Unterschrift zwingend handschriftlich angegeben werden müssen.

PDF in der Mailbox klingt gut. Aber was machen Leute, die unterwegs sind oder keinen Drucker haben?

Wer will kann sich mit dem eCollector das ganze Paket per Post, sozusagen analog, nach Hause schicken lassen und dann den unterzeichneten Unterschriftenbogen zurückschicken. Erste Erfahrungen mit der Amnesty-Initiative zeigen, dass rund 10 Prozent diesen Postservice in Anspruch genommen haben.

Bis jetzt werden Unterschriften auf der Strasse gesammelt. Welche Vorteile bietet das Netz?

Kampagnenaktivitäten im Netz können mit dem eCollector direkt an eine Unterschriftensammlung gekoppelt werden. Mitglieder und SympathisantInnen einer Organisation haben also die Möglichkeit, im Netz aktiv Unterschriften zu sammeln. Nicht zuletzt vergrössert der eCollector dank einem Schneeball-Effekt auch die Kontaktbasis einer Organisation. Wer unterschreibt kann andererseits selber eine Multiplikatoren-Rolle spielen, indem er oder sie die eigenen Online-Kontakte nutzt, um weitere Unterschriften zu sammeln.

Fehlt im Netz nicht die Möglichkeit des direkten Gesprächs, um Skeptiker zu überzeugen?

Interessierte finden auf der eCollector-Website kurze und knappe Informationen zum Anliegen der Initiative. Amnesty International hat zusätzlich ein Informationsvideo produziert, dass in zwei Minuten alles erklärt. Darüber hinaus ist die Kontaktpflege ein Grundprinzip des eCollector. Per E-Mail wird nachgefasst, weil wir davon ausgehen, dass Empfänger oft beschäftigt sind, wenn die erste Mail mit dem Unterschriftbogen bei ihnen eintrifft.

Steht der eCollector allen Organisationen offen?

Im Prinzip ja, eine Art Lizenzierungsmodell ist in Planung. Technisch ist das Tool so gestaltet, dass parallel mehrere Unterschriftensammlungen gleichzeitig möglich sind. Sammelaktionen können darüber hinaus kurzfristig lanciert werden, denn gerade bei Referenden ist die ja jeweils Zeit knapp.

Standard