Campaigning, Fundraising, Social Media

Crowdfunding for Dummies: Tipps und Tricks aus der Praxis

Wenn es heute darum geht, neue Produkte und Dienstleistungen zu lancieren oder ein Projekt zu finanzieren lautet das Zauberwort: Crowdfunding. Doch was versteht man genau darunter und wie funktioniert Crowdfunding überhaupt? Welches sind die Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne? Und wie lassen sich typische Fehler vermeiden?

Babette van Merkesteyn von der Crowdfunding-Plattform 100-days.net und Kampagnenspezialist Daniel Graf, Gründer von gamechanger.ch, geben im Webinar von Versity Tipps und Tricks aus der Praxis weiter. Nachfolgend findet ihr das Transcript in gekürzter Fassung.

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Daniel Graf: Babette – wie würdest du Crowdfunding erklären?

Babette van Merkesteyn: Crowdfunding lässt sich auf Deutsch mit «Schwarmfinanzierung» übersetzen. Die Finanzierung eines Projektes erfolgt dabei, wie der Name schon sagt, durch mehrere Personen und mittels verschiedener grösserer und kleinerer Beiträge. Crowdfunding eignet sich für die unterschiedlichsten Projekte und Geschäfts- oder Produktideen. Allerdings ist die Finanzierung nur ein Aspekt des Ganzen. Durch Crowdfunding können beispielsweise auch Produkte oder Dienstleistungen vorab am Markt getestet oder einem grösseren potenziellen Kundenkreis vorgestellt werden. Auch lassen sich mittels Crowdfunding die Bedürfnisse möglicher Kunden erkennen.

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Crowdfunding als Kampagne

Daniel: Ein wichtiger Aspekt von Crowdfunding ist auch das Campaigning. Campaigning heisst in diesem Fall: Menschen dazu zu bewegen, ein Projekt zu unterstützen. Soll ein Crowdfunding-Projekt zum Erfolg führen, braucht es die Aufmerksamkeit eines wachsenden Publikums. Ziel ist, dass jeder Spender in seinem persönlichen Umfeld zum Multiplikator wird.

Babette: Wie lässt sich ein Publikum gewinnen?

Daniel: Ich empfehle, vor dem Start eine Dramaturgie festzulegen. Als Faustregel gilt: Es braucht einen Start mit Pauken und Trompeten, prickelnde Zwischensprints und einen fulminanten Schlussspurt.

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Babette: Besonders wichtig ist für einen gelungenen Start auch eine Liste mit Telefonnummern und E-Mail-Adressen der 50 besten Freunde. Für die Verbreitung über engen Kreis hinaus helfen Social Media-Kanäle. Gerade wenn es darum geht, die Leute über das laufende Projekt zu informieren und Inhalte anzubieten, die weiter geteilt werden können.

Gute Geschichten erzählen

Daniel: Crowdfunding-Projekte brauchen eine attraktive Verpackung. Denn letztlich entscheiden die Informationen darüber, ob sich Spender für das Projekt begeistern lassen. Die Beschreibung des Projektes sollte knapp gehalten und personifiziert sein. Der Absender muss klar erkennbar sein.

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Babette: Um die Mund-zu-Mund-Propaganda in Gang zu setzen, hilft erfahrungsgemäss eine Projekt-Geschichte, die sich leicht weitererzählen lässt. Je länger man sich mit einem Projekt auseinandersetzt, desto schwieriger wird es in der Regel, kurz und knapp zu sagen, um was es überhaupt geht. Ein Projekt in paar leicht verständlichen, eingängigen Sätzen zu erklären, ist jedoch das A und O – auch in Sachen Crowdfunding.

Daniel: Wenn dies schwer fällt, hilft oft der «SBB-Trick». Man muss sich folgendes vorstellen: Du willst einem Freund etwas zurufen, der gerade in eine S-Bahn steigt. Du weisst, die Türe ist noch zehn Sekunden offen. Was rufst du? Probiere diese Übung ein paar Mal aus und du wirst automatisch die wichtigsten Botschaften aus einer Geschichte herausfiltern. Anschliessend brauchst du nur noch an den Sätzen zu feilen und einen kurzen, knackigen Titel zu suchen.

Goodies: Gib etwas zurück!

Babette: Oftmals ist Crowdfunding auch ein Tauschgeschäft. Wer ein Projekt finanziell unterstützt, wird direkt am Erfolg beteiligt und erhält eine Gegenleistung. Beim Festlegen dieser Belohnungen sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Je kreativer und partizipativer eine Belohnung ist, umso attraktiver wird sie. Zentral ist auch die Exklusivität.

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Daniel: Ich empfehle, die Zahl der Gegenleistungen auf vier bis sechs gestaffelte Angebote zu beschränken, um für kleine und grosse Budgets etwas zu bieten, aber die Entscheidung zugleich nicht unnötig zu erschweren. Selbstredend darf der gesamte Aufwand für die Gegenleistungen nur einen kleinen Teil der Spende ausmachen, damit sich das Crowdfunding auch lohnt.

Projekt-Video: «Clip it or leave it!»

Daniel: Das Herz einer Crowdfunding-Kampagne bleibt das Pitch-Video. Es ist die Bühne, auf welcher der Projektinitiator in 2 bis 3 Minuten packend, authentisch und transparent erklären kann, wer er oder sie ist, woher die Idee stammt, was die Motivation hinter dem Projekt ist und weshalb es Unterstützung verdient. Die Chance für eine Verbreitung steigt massiv mit dem Unterhaltungswert und der Aktualität des Clips.

Babette: In erster Linie ist es wichtig, dass das Video unterhaltsam ist. Es müssen nicht immer alle Punkte in einem Video aufgegriffen werden. Einer meiner Favoriten ist der Clip «Emma macht mobil»

Jeden Tag rennen – bis zum Ziel

Babette: Ziel ist es, jeden Tag etwas für das eigene Projekt zu machen. Jeden. Tag. Und sei es nur, jemandem vom eigenen Projekt zu erzählen, News zu schreiben, Posts zu schreiben, Medien anzugehen usw. Auf keinen Fall während einer Kampagne in die Ferien verreisen und davon ausgehen, dass es dann schon klappen wird.

Daniel: Der Knackpunkt ist bei vielen Projekten die fehlende Öffentlichkeit. Die Netzwerke der Initiatoren sind oft zu klein, um in einem kurzen Zeitraum die angepeilten Budgets zu erreichen. Reichweite lässt sich am effizientesten mit klassischen Medien erzielen. Viele Projekte haben das Potenzial für eine gute Story – wie Beispiel das Startup Captain Plant.

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Babette: Zusätzliche Publizität erreicht man auch mit altbekannten Offline-Massnahmen, etwa: Poster, Sticker oder Flyer im Quartier, an der Uni oder in Kneipen aufhängen. Als Beispiel zeige euch hier unser Marketing-Set für Kampagnen, die über 100-days.net laufen.

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Die Leute bei der Stange halten

Daniel: Infos im Netz haben eine brutal kurze Halbwertszeit. Ein Tweet überlebt selten mehr als eine halbe Stunde. Facebook-Posts vielleicht ein paar Stunden. Was gestern hot war, ist heute kalter Kaffee. Gerade auf Social Media. Weil das Interesse der Community rasch nachlässt sind regelmässige Updates im Projekt-Blog sehr wichtig.

Babette: Dank einer Studie der HTW Chur wissen wir bei 100-Days, dass Projektinitianten, die in 100 Tagen mindestens 16 News publizieren eine 10-mal höhere Erfolgschance haben. Es geht also darum, die Spender mit News bei der Stange zu halten und sie über die Entwicklung des Crowdfunding-Projekts zu informieren. Das gilt auch, wenn das Projekt erfolgreich finanziert ist und umgesetzt wird. Eure Geldgeber sind Eure zukünftigen Kunden!

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Daniel: Unterstützer zahlen nicht nur, sondern geben Euch auch Feedback und Impulse. Eine erprobte Variante, um das Publikum stärker einzubinden, ist es, ihm Fragen zu stellen, was man für den Erfolg des Projekts noch alles tun könnte. Dadurch wächst die Support-Community, die sich für den Erfolg des Projektes engagiert.

Next step: Crowdfunding Workshop

Babette: Wir hoffen, euch ein paar Tipps mit auf den Weg gegeben zu haben und euer Interesse an Crowdfunding geweckt zu haben. Mehr zum Thema erfahrt ihr in unserem Webinar auf Versity (LINK).

Daniel: Weitere Praxis-Tipps gibt es auch in unserem Workshop «Crowdfunding: Finanzierung mit Schneeballeffekt», der im Rahmen des Campaign Summit Switzerland am Donnerstag 12. März von 17.00 bis 19.00 Uhr stattfindet. Für Interessierte haben wir noch fünf Gästetickets. Meldet euch bitte bei mir.

Crowdfunding: 5 Top-Learnings

Zum Abschluss noch eine Liste mit den fünf wichtigsten Praxis-Tipps von Daniel und Babette:

  1. Crowdfunding erfordert Leidenschaft und Ausdauer in eigener Sache.
  1. Eine Kampagne braucht eine gute Vorbereitung, sowohl für die Online- als auch für die Offline-Kanäle.
  1. Erzählt eine einmalige Geschichte, die Interesse weckt und den Leuten Lust macht, das Projekt zu unterstützen.
  1. Gebt etwas zurück! Nehmt euch Zeit, um über attraktive und kreative Gegenleistungen für die Unterstützer nachzudenken.
  1. Die Krönung ist ein packendes Video. Plant auf jeden Fall genug Zeit dafür ein.

PS: Die Slides aus dem Webinar stammen aus einem Blogbeitrag zum Thema «Crowdfunding for Startups».

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Campaigning, Netzwelt, Social Media

Von Guantanamo bis Ecopop: Podcast zu 5 Jahre Online-Campaigning

Ich fand’s total spannend, mich im Social Genius Podcast mit Michael und Christoph über meine letzten Jahre als Mediensprecher bei Amnesty International, als Berater bei der Webagentur Feinheit und als Selbständiger Campaigner zu unterhalten.

Im Social Media Podcast laden Michael und Christoph Gäste aus der Welt des Social Media und Online Marketing ein, um ihnen Löcher in den Bauch zu fragen. Dabei versuchen sie mehr über den Werdegang zu erfahren, quetschen Tipps und Tricks heraus, wo sie nur können und schiessen sich dann auf ein Schwerpunktthema ein.

Der Podcast mit mir läuft unter dem Motto «Testen statt Glauben». Hier eine kurze Zusammenfassung:

  • Wie wird man Mediensprecher bei Amnesty International ?
  • Was unterscheidet NGOs und NPOs ?
  • Wie Amnesty soziale Medien nutzt ?
  • Wie haben die sozialen Medien die Arbeit in NPOs verändert?
  • Kann man alleine mit sozialen Medien wirklich grosse Massen dauerhaft bewegen? Hype vs. Nachhaltigkeit
  • Warum Copy Cat zu sein ab und an gar nicht so schlecht ist?
  • Campaigning – was ist das überhaupt?
  • Was sind die 3 grossen Erfolgsfaktoren für eine Community-Kampagne?

Und hier alle Web-Links zum Podcast:

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