Campaigning, Social Media

Der Datenstaubsauger von Economiesuisse? Wie der Wirtschaftsdachverband politische Profile sammelt.

Der Blog-Beitrag vom 11. Dezember wurde überarbeitet. Hinweise dazu im Anhang.

Seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten sorgt das Thema «Big Data und Algorithmen» für Schlagzeilen. Mit den Berichten «Cambridge Analytica», welche für politische Kampagnen Psycho-Profile erstellt, hat die Debatte auch die Schweiz erreicht.  

Neben dem Abstimmungs-Targeting mit Facebook-Ads dreht sich die Diskussion auch um «Facebook Connect». Facebook bietet einen sogenannten Single Sign On für Webseiten und Apps. Dies ist ein Verfahren, das Nutzern erlaubt, sich über den Facebook-Account bequem und einfach Zugang zu diversen Online-Diensten zu verschaffen. 

Neben bekannten Diensten wie Spotify nutzen auch vermehrt Campaigning-Tools wie Change.org oder ActionSprout, Facebook Connect. Aus Perspektive des Datenschutzes ist der Einsatz für politische Zwecke eine heikle Sache, wenn die gesammelten Informationen in Datenbanken aggregiert und etwa für Wählerprofile verwendet werden. Häufig ist es für die Nutzer schwer oder gar nicht nachzuvollziehen, welche Daten tatsächlich ausgelesen und für welche Zwecke diese genutzt werden.

Die Schweiz am Sonntag hat berichtet, dass Economiesuisse als erste in der Schweiz Facebook Connect strategisch für politische Kampagnen nutzt. Auslöser war ein Tweet von mir. Konkrete geht es um die europapolitische Plattform «stark vernetz», welche bereits bei verschiedenen Abstimmen eingesetzt wurde.

Die Plattform «stark vernetz»  ist breit abgestützt. Im Boot sind neben nationalen Wirtschaftsverbänden politische Parteien wie die FDP, CVP,  und GLP sowie mit Swiss, PWC, Novartis, Roche und KPMG auch grosse Firmen. Selbst Operation Libero wird als Partner aufgeführt.

Das Netzwerk umfasst, wie der Zähler auf der Website zeigt, bereits 6059 Personen. Wer mitmachen will, kann sich mit Email oder aber mit Facebook anmelden.

Facebook 2.png

Klicken die Nutzer auf der Plattform «stark vernetz» den Facebook-Button, erfolgt die Verknüpfung von Facebook und der Plattform , worüber Facebook stets das öffentliche Profil und die Freundesliste übermittelt, da diese Informationen als öffentlich eingestuft und nicht beschränkt werden können. 

Log in With Facebook.pngWer Facebook als Login wählt, über den werden – gemäss ausführlichen Datenschutz-Informationen – folgende Daten gespeichert:

  • Daten zur  Person: Wie zum Beispiel Name, Vorname, Adresse, Geburtsdatum.
  • Daten zur Aktivitäten: Wie zum Beispiel dein Beitrittsdatum, Angaben, wie du uns unterstützen möchtest,  welchen Freunden du welche Informationsnachrichten gesendet hast und wann dies der Fall war. 

Die Datenschutzbestimmungen sind nicht abschliessend und eher wage formuliert. Klar ist ist, dass Economiesuisse nicht nur personenbezogene Daten ausliest, sondern mit dem Freundeskreis auf Facebook soziale Beziehungen ausgewertet werden.

Die Integration von «Facebook Connect» ist besonders interessant, weil EconomieSuisse mit Kampagnen-Werkzeuge von Blue State Digital arbeitet. Bei den US-Präsidentschaftswahlen 2008 und 2012 wurden die Tools vom Obama-Team eingesetzt. 

Economiesuisse nutzt dieses Tool in Zusammenarbeit mit der Agentur Campaigning Bureau, um eine Datenbank mit politischen Profilen anzulegen, wie Simon Schärer, Projektleiter Kommunikation des Wirtschaftsverbandes Economiesuisse, Watson erklärte: «Mit diesen Angaben wissen wir, wer die Unterstützer unserer Kampagne sind. Wir können sie so einfacher in den Abstimmungskampf einbinden». 

Je mehr Abstimmungskampagnen über ein Tool wie Blue State Digital laufen, desto grösser wird die Anzahl Datensätze und die damit verknüpften Personenkreise. Diese Daten lassen sich effektiv für Targeting-Werbung nutzen, da die Plattform über Facebook-Connect den Zugang zu ihrem privaten Freundeskreis öffnet. 

Die Frage bleibt, ob sich die rund 6000 User bewusst sind, dass ihre Facebook-Daten genutzt werden, um für ein JA zur Unternehmenssteuerreform 3 zu werben. Obwohl auf der Verpackung der Plattform «Europapolitik» darauf steht, werden die gesammelten Informationen für diverse Kampagnen eingesetzt. Wissen auch die Partnerorganisationen wie beispielsweise Operation Libero davon?

Mit der Plattform «stark vernetzt» betreibt Economiesuisse einen politischen Daten-Staubsauger, der immer weitere Kreise erreicht eine eigene Community auf, um Kontaktdaten zu sammeln und im Netz nicht als grauhaariger CEO-Club aufzutreten, sondern als eine Bewegung von engagierten Menschen.



Update 14. Dezember 2016

Economiesuisse-Kommunikationschef Michael Wiesner hat bestätigt, dass im Hintergrund der Website «Stark vernetzt» Web-Tools von Blue State Digital (BSD) eingesetzt werden. In der Polit-Datenbank laufen auch allen anderen Kampagnen von Economiesuisse zusammen. Blue State Digital verfolgt das Ziel, Daten aus verschiedensten Quellen zu sammeln und aufzubereiten. Dazu gehört auch die Verknüpfung mit Social Media-Daten.

Weiterhin bleibt die Frage offen, welche Daten Economiesuisse in BSD-Datenbank speichert. Sind dabei auch Daten aus dem Facebook User-Profile? Wird die Option von BSD-Tools, Email-Adressen mit Social Media-Profilen zu verknüpfen, nie eingesetzt?

PastedGraphic-1.png



Update 12. Dezember 2016

Im Interview mit dem Tagesanzeiger erklärt der Economiesuisse-Kommunikationschef Michael Wiesner, dass die Userdaten der Plattform «Stark vernetzt» nicht für andere Kampagnen verwendet und mit Facebook-Connect nur personenbezogene Informationen gespeichert würden. Social Media-Daten zu Freundschaftsbeziehungen hätte Economiesuisse nie verwendet. Davon ausgenommen seien E-Mails, die über die Website verschickt würden.

Auf Grund dieser Aussagen, die ich selbst nicht überprüfen kann, habe ich die Stellen im Blog-Beitrag gestrichen, die von Economiesuisse in Abrede gestellt werden. Dazu habe ich den ursprünglichen Titel mit einem Fragezeichen versehen.

Folgende vier Fragen bleiben für mich offen:

  1. Setzt Economiesuisse für die Website bzw. für die Kampagne «Stark vernetzt» Tools von Blue State Digital ein? Falls ja, werden darin auch Facebook-Daten wie das Public-Profile gespeichert? Update 13.12.17. Economiesuisse setzt BSD-Tools ein. Welche Daten gespeichert werden, ist (noch) nicht bekannt.
  2. Wurden Datensätze von «Stark vernetzt» nie eingesetzt, um Zielgruppen für Facebook-Kampagnen zu definieren?
  3. Weshalb wurden auf der Website «Stark vernetzt» alle Statements der User entfernt, die noch bis Samstagabend 10. Dezember 2016 abrufbar waren? Update 13.12.17. Entfernung sei nur ein Zufall, sagt Economiesuisse. Plattform werde gerade neu aufgesetzt.
    geschichten-stark-vernetzt
    Gelöschtes User-Statement (Screenshot 11.12.16, 18:35 Uhr, europapolitik.ch).
  4. Economiesuisse hat mit Tools von Blue State Digital Datenbanken für Abstimmungskämpfe aufgebaut, wie Watson im Vorfeld der Ecopop-Abstimmung berichtete. Enthalten diese Daten Informationen zu Social Media-Profilen von Usern?
Standard
Campaigning, Netzwelt, Social Media

Big Data und Hundesteuer: Wie funktioniert Facebook-Targeting für Polit-Kampagnen?

99% der Menschen, die täglich Facebook nutzen, haben nie davon gehört. Die Rede ist von der Werbeplattform Facebook Business Manager, die auch in der Schweiz rege genutzt wird. Im Lärm um Cambridge-Analytics ging das Marketing-Tool für Insider bisher unter. Doch das etwas sperrige Tool hat das Polit-Campaigning im Netz revolutioniert, wie der Tagesanzeiger berichtet.

Nach dem Sieg bei der Atomausstiegsinitiative schrieb ein Economiesuisse-Camaigner auf Facebook: «Alle Battle­grounds gedreht. Jeden Schweizer Facebook-Nutzer 2½ Mal erreicht. 1,7 Millionen Video-Views innerhalb der letzten zwei Wochen.»

Der aktuelle Datensatz von Facebook Business Manager hat es in sich. Er umfasst alleine für die Schweiz rund 4 Millionen Personen über 18 Jahren. Für Werbetreibende und Kampagnenmacher ist das eine Goldgrube: Helvetica Analytics.

(6) Audience Insights 2.png

Der Facebook Business-Manager bietet ein Blick in die Daten von 4 Millionen Schweizerinnen und Schweizer (Screenshot).

Facebook kennt mindestens 98 Fakten über jeden einzelnen User. Die Plattform ist eine Datenkrake und vergisst nichts. Jedes mal, wenn du eine Facebook-Seite besuchst, den Like-Button drückst oder einen Beitrag teilst, wird es gemessen und gespeichert. Ein Teil dieser Informationen lassen sich mit speziellen, oft ziemlich teueren Digitalwerkzeugen aufzeichnen und für Kampagnenzwecke nutzen. Den grössten Schatz, die Verknüpfung aller Datenpunkte, gibt’s aber nur exklusiv für die Facebook-Werbung.

Wie zuletzt bei der Atomausstieg-Initiative wird Facebook Business Manager heute für politische Kampagnen eingesetzt. Das Tool erlaubt «Dark Post» zu verschicken. Im Gegensatz zu Plakaten wird diese Werbung nur von bestimmten, vorher definierten Personen gesehen. So kann die Botschaft auf den Alltag ganz unterschiedlicher Zielgruppen angepasst werden, je nach Geschlecht, Alter, Wohnort, Beziehungsstatus, oder Hobbies.

Wie funktionieren Kampagnen mit Facebook-Targeting genau? Das möchte ich gerne an einem Beispiel zeigen. Die folgende Story ist fake, aber hart an der Realität: Die FDP hat im Kanton Zürich eine Initiative «Mehr Hund, weniger Staat» zur Abschaffung der Hundesteuer eingereicht. Sie kommt am 12. Februar 2017 zur Abstimmung. Höchste Zeit also, eine Facebook-Kampagne mit multiplen Zielgruppen zu planen.

Plakat_ZH.png

Wie funktioniert Facebook-Targeting? Eine Beispiel mit einer fiktiven FDP-Kampagne.

Im Business Manager sehen wir auf einen Blick, dass wir im Kanton Zürich auf Facebook bis zu 900’000 Personen erreichen. Statt auf die Masse zu zielen, versuchen wir zunächst gezielt Hunde-Freundinnen und -Freunde anzusprechen. Für Facebook ist das kein Problem. Unter Hobbys finden mit einem Klick 80’000 Hundefans, die im Kanton Zürich leben.

(6) Audience Insights.png

Facebook weiss: 80’000 Menschen im Kanton Zürich mögen Hunde.

Die demographische Darstellung zeigt uns, dass 61% der Hundefans Frauen sind. Mit rund 20’000 Personen bilden das grösste Segment Frauen im Alter von 25 bis 34 Jahre. Die Hälfte wohnt in Zürich (41%) oder Winterthur (9%). Die Frauen sind – gemäss eigenen Angaben – in einer Beziehung (33%) oder verheiratet (42%). Wir erreichen über Facebook auch ihre Partner.

(3) Audience Insights.png

Ganz privat: Informationen über den Beziehungsstatus der weiblichen Hundefans.

Aus diesen Daten könnte die FDP drei Zielgruppen für die Polit-Werbung ins Auge fassen und dafür unterschiedliche Facebook-Ads vorbereiten.

  1. Weibliche Hundefans im urbanen Kontext (mit Variante Zürich/Winterthur).
  2. Weibliche Hundefans in der Agglomeration.

Während wir das «Keyvisual» , eine glückliche, 30jährige Frau mit zwei Hunden, für alle Versionen einsetzen, sorgen unterschiedliche Hintergrundbilder für einen regionalen Wiedererkennungseffekt.

zh_zu%cc%88rich

Facebook-Werbung für weibliche Hundefans in Zürich.

zh_winterthur

Facebook-Werbung für weibliche Hundefans in Winterthur.

zh_land

Facebook-Werbung für weibliche Hundefans, die in der Agglomeration wohnen.

Diese Differenzierung lässt sich stufenlos weiter denken, etwa für unterschiedliche Altersgruppen, Familien mit Kindern oder beliebte Hunderassen.

Lady.png

Facebook-Werbung für weibliche Hundefans ab 60 Jahren.

Dank Spenden aus der Wirtschaft haben wir für die Facebook-Kampagne etwas Geld übrig. Darum experimentieren wir mit einer weiteren, interessanten Zielgruppe: jüngere Männern im Alter von 18 bis 28 Jahren. Facebook verspricht, 30’000 männliche Hundefans im Kanton Zürich zu erreichen. Als Zugabe gibt es einen wertvollen Tip: Unsere neue Zielgruppe mag die Website Swissmeme. Also testen wir ein paar Memes, die sich für die virale Verbreitung eignen. Hier ein Beispiel:

WTF.png

Memes sind auch für Polit-Kampagnen beliebte Facebook-Ads.

Die FDP-Kampagne ist eine Spielerei. Sie zeigt jedoch exemplarisch das Potenzial von Facebook-Kampagnen auf, die auf multiple Zielgruppen setzen und die Möglichkeiten des Facebook Business Managers ausreizen.

Für Campaigning gibt es weitere, erfolgsversprechende Werbestrategien auf Facebook wie Custom Audiences. Dabei wird Facebook mit zusätzlichen Daten gefüttert, die sich direkt aus einem Newsletter-Tool wie MailChimp importieren lassen. Wo die Musik in Zukunft spielt, hat Thomas Hutter in einem lesenswerten Blog-Post zu den Wahlen in Österreich beschrieben.

Sicher ist: Der neue Kampfplatz für Polit-Kampagnen ist nicht mehr der Stammtisch, sondern das Smartphone. Statt Botschaften für die Massen zu kreieren, erlaubt Facebook individuelle Botschaften auszuliefern, die fadegrad ankommen. Spätestens ab Januar können wir ein Live-Beispiel mitverfolgen: Die grosse Schlacht um die Unternehmenssteuerreform 3.

PS: Hier die Liste mit 98 kombinierbaren Informationen, die Facebook über dich sammelt und für gezielte Werbung verwendet (Quelle: netzpolitik.org).

  1. Ort
  2. Alter
  3. Generation
  4. Geschlecht
  5. Sprache
  6. Bildungsniveau
  7. Ausbildungsbereich
  8. Schule
  9. ethnische Zugehörigkeit
  10. Einkommen und Eigenkapital
  11. Hausbesitz und -typ
  12. Hauswert
  13. Grundstücksgrösse
  14. Hausgrösse in Quadratmeter
  15. Jahr, in dem das Haus gebaut wurde
  16. Haushaltszusammensetzung
  17. Nutzer, die innerhalb von 30 Tagen ein Jubiläum haben
  18. Nutzer, die von der Familie oder Heimatstadt entfernt sind
  19. Nutzer die mit jemandem befreundet sind, der einen Jahrestag hat, frisch verheiratet oder verlobt ist, gerade umgezogen ist oder bald Geburtstag hat
  20. Nutzer in Fernbeziehungen
  21. Nutzer in neuen Beziehungen
  22. Nutzer mit neuen Jobs
  23. Nutzer, die frisch verlobt sind
  24. Nutzer, die frisch verheiratet sind
  25. Nutzer, die vor Kurzem umgezogen sind
  26. Nutzer, die bald Geburtstag haben
  27. Eltern
  28. Werdende Eltern
  29. Mütter in Typen unterteilt („Fussball, trendy“ etc.)
  30. Nutzer, die sich wahrscheinlich politisch betätigen
  31. Konservative und Liberale
  32. Beziehungsstatus
  33. Arbeitgeber
  34. Branche
  35. Berufsbezeichnung
  36. Art des Büros
  37. Interessen
  38. Nutzer, die ein Motorrad besitzen
  39. Nutzer, die planen, ein Auto zu kaufen (welche Art/Marke, und wann)
  40. Nutzer, die kürzlich Autoteile oder Zubehör gekauft haben
  41. Nutzer die wahrscheinlich Autoteile oder Service benötigen
  42. Art und Marke des Autos, dass man fährt
  43. Jahr, in dem das Auto gekauft wurde
  44. Alter des Autos
  45. Wieviel Geld der Nutzer vermutlich für sein nächstes Auto ausgeben wird
  46. Wo der Nutzer vermutlich sein nächstes Auto kaufen wird
  47. Wieviele Mitarbeiter die eigene Firma hat
  48. Nutzer, die kleine Unternehmen haben
  49. Nutzer, die Manager oder Führungskräfte sind
  50. Nutzer, die für wohltätige Zwecke gespendet haben (unterteilt nach Art)
  51. Betriebssystem
  52. Nutzer, die Browserspiele spielen
  53. Nutzer, die eine Spielekonsole besitzen
  54. Nutzer, die eine Facebook-Veranstaltung erstellt haben
  55. Nutzer, die Facebook-Payments benutzt haben
  56. Nutzer, die mehr als üblich per Facebook-Payments ausgegeben haben
  57. Nutzer, die Administrator einer Facebookseite sind
  58. Nutzer, die vor Kurzem ein Foto auf Facebook hochgeladen haben
  59. Internetbrowser
  60. Emailanbieter
  61. „Early Adopters“ und „late Adopters“ von Technologien
  62. Auswanderer (sortiert nach dem Ursprungsland)
  63. Nutzer, die einer Genossenschaftsbank, einer nationalen oder regionalen Bank angehören
  64. Nutzer, die Investoren sind (sortiert nach Typ der Investition)
  65. Anzahl der Kredite
  66. Nutzer, die aktiv eine Kreditkarte benutzen
  67. Typ der Kreditkarte
  68. Nutzer, die eine Lastschriftkarte haben
  69. Nutzer, die Guthaben auf der Kreditkarte haben
  70. Nutzer, die Radio hören
  71. Bevorzugte TV-Shows
  72. Nutzer, die ein mobiles Gerät benutzen (nach Marke aufgeteilt)
  73. Art der Internetverbindung
  74. Nutzer, die kürzlich ein Tablet oder Smartphone gekauft haben
  75. Nutzer, die das Internet mit einem Smartphone oder einem Tablet benutzen
  76. Nutzer, die Coupons benutzen
  77. Arten von Kleidung, die der Haushalt des Nutzers kauft
  78. Die Zeit im Jahr, in der der Haushalt des Nutzers am meisten einkauft
  79. Nutzer, die „sehr viel“ Bier, Wein oder Spirituosen kaufen
  80. Nutzer, die Lebensmittel einkaufen (und welche Art)
  81. Nutzer, die Kosmetikprodukte kaufen
  82. Nutzer, die Medikamente gegen Allergien und Schnupfen/Grippe, Schmerzmittel und andere nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel einkaufen
  83. Nutzer, die Geld für Haushaltsgegenstände ausgeben
  84. Nutzer, die Geld für Produkte für Kinder oder Haustiere ausgeben (und welche Art von Haustier)
  85. Nutzer, deren Haushalt mehr als üblich einkauft
  86. Nutzer, die dazu neigen online (oder offline) einzukaufen
  87. Arten von Restaurants, in denen der Nutzer isst
  88. Arten von Läden, in denen der Nutzer einkauft
  89. Nutzer, die „empfänglich“ für Angebote von Firmen sind, die Online-Autoversicherungen, Hochschulbildung oder Hypotheken, Prepaid-Debitkarten und Satellitenfernsehen anbieten
  90. Wie lange der Nutzer sein Haus bereits bewohnt
  91. Nutzer, die wahrscheinlich bald umziehen
  92. Nutzer, die sich für Olympische Spiele, Cricket oder Ramadan interessieren
  93. Nutzer, die häufig verreisen (geschäftlich oder privat)
  94. Nutzer, die zur Arbeit pendeln
  95. Welche Art von Urlaub der Nutzer bucht
  96. Nutzer, die kürzlich von einem Ausflug zurückkommen
  97. Nutzer, die kürzlich eine Reise-App benutzt haben
  98. Nutzer, die ein Ferienwohnrecht haben
Standard
Campaigning, Medien, Netzpolitik, Social Media

Trump’s Troll-Kampagne: Mit Shitstorm ins Weisse Haus

Die digitale Demokratie hat zugeschlagen, aber nicht so, wie alle erwartet haben. Der Kurznachrichtendienst Twitter hat Trump ins Zentrum der Macht katapultiert, während Hillary auf Facebook, trotz Geek-Team und Mobilisierungs-App, auf der Strecke blieb. Der frisch gewählte US-Präsident hat wie kein anderer Kandidat zuvor verstanden, Tweets für mediales Dauer-Agenda-Setting zu nutzen. Als Herausforderer mit weniger Geld und Macht als Hillary zwitscherte er drauf los – ganz nach dem Motto: «Ist der Ruf erst ruiniert, politisiert es sich auf Twitter ganz ungeniert.

Die Mechanik des Troll-Campaigning ist simpel: Mit einer Handvoll Skandal-Tweets baut man sich seinen medialen Empörungskorridor auf, dessen Sogwirkung auf die Medienschaffenden mit jedem Bericht verstärkt wird.

Sind es zu Beginn die online-affinen Kanäle, welche die Geschichten aufgreifen, kommen bald auch die Massenmedien nicht mehr drum herum. Die Auswertung der Medienartikel vor den US-Wahlen zeigt eindrücklich, wie Trump die Berichterstattung mit der Shitstorm-Maschinerie dominiert.

Der Trump-Tsunami machte auch vor Facebook nicht halt: Die Skandalberichte fluteten die Timeline. Da half es Hillary wenig, dass sie bei Mobilisierung auf Facebook die Nase vorne hatte. Ihr Wahlkampf-Team konnte für die heisse Phase auf die «Hillary Clinton 2016» Appzurückgreifen, die alle Online-Werkzeuge der Gegenseite in den Schatten stellte.

Wir dürfen gespannt sein, was der erste Troll im Weissen Haus alles anstellt. Ein neues Spielzeug hat er ja: Den Potus-Twitter-Account.

Standard
Campaigning, Netzpolitik, Social Media

Toni Zuckerberg: Was der erfolgreiche SVP-Strategiewechsel mit Facebook gemeinsam hat.

Toni Brunner hatte das gleiche Problem wie Mark Zuckerberg: Wo schraube ich an einem Erfolgsmodell, um weiter zu wachsen? Wie die SVP setzte Facebook auf ein simples Kommunikationsprinzip, das zum Markenzeichen der Plattform wurde: den Like-Button.

Doch der Daumen wankt: Mark Zuckerberg testet sechs zusätzliche Symbole, um das Repertoire der Social Media-Plattform zu erweitern. Der Strategiewechsel hat ein Ziel: Die Grenzen der Goodnews-Plattform zu sprengen und neue Marktanteile zu erobern.

Auch die erfolgsverwöhnte SVP wollte bei den Wahlen 2015 zulegen. «Wer weiter wachsen will, muss unter dem Hag durchfressen», hat sich Parteipräsident Toni Brunner gesagt. Der Bilderbuch-Bauer hat dem Parteiapparat ein neues Image verpasst, das einer kleinen Revolution gleich kommt.

maxresdefault

In der Ära Blocher war die SVP eine Partei, die stets mit dem Daumen nach unten zeigte. Doch mit Poltern sammelt man wenig Sympathiepunkte ausserhalb der Restaurant-Sälis. Im Wahlkampf erfand sich die SVP als Spasspartei neu und stieg wortwörtlich in die Badehose. Im Wahlkampf-Clip «Welcome to SVP» springt alt Bundesrat Christoph Blocher in den Swimmingpool, um ein neues und vor allem jüngeres Publikum anzusprechen.

Das Wahlresultat zeigt: Der Flirt mit der mehrdeutigen Emoji-Kultur zahlt sich für die SVP aus. Als Platzhirsch auf Social Media hat sie sich aus einer Volks- in eine Viralpartei verwandelt. Den Vorsprung wird die SVP locker halten können. Der Konkurrenz fehlt es an der nötigen Selbstironie.

Standard
Campaigning, Netzpolitik, Social Media

Wohninitiative: Unterschriften sammeln im Netz!

In den frühen Morgenstunden des 4. September 2015 war Kickoff der Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen» vom Schweizerische Mieterinnen- und Mieterverband (SMV), in Zusammenarbeit mit der SP, den Grünen und der AL. Die Initiative will den preisgünstigen Wohnungsbau fördern. Am ersten Tag wurden über 7500 Unterschriften im Netz gesammelt. Der Zähler steht Mitte November bei 15’000.

Zum zweiten Mal kann in der Schweiz eine Volksinitiative online unterzeichnet werden (vgl. Bericht SRF). Seit Frühling sammelt bereits Amnesty International mit dem «eCollector» für die Konzernverantwortungsinitiative Unterschriften im Internet. Seit Mitte September läuft zudem das erste Referendum gegen das Nachrichtendienstgesetz (NDG) über die Plattform.

Was hinter den Kulissen läuft erfahrt ihr im folgenden Interview, das Joël Bisang im April 2015 mit mir geführt hat.

Warum geht es beim «eCollector»?

Daniel Graf: Der eCollector ist ein Tool, das Organisationen und Initiativkomitees eine einfache Online-Sammlung von Unterschriften für Volksinitiativen und Referenden erlaubt. Man könnte sagen, wir bieten den bequemsten Weg, um rasch eine Initiative im Netz zu unterschreiben.

Wer ist «wir»? 

Der «eCollector» ist ein Gemeinschaftsprojekt von gamechanger und der Webagentur Liip. An der Entwicklung waren darüber hinaus verschiedene engagierte Personen beteiligt, die sich für politische Partizipation einsetzen. Die Lancierung des eCollector erfolgte im April 2015 in Zusammenarbeit mit Amnesty International anlässlich der Konzernverantwortungsinitiative, die alle Unternehmen mit Sitz in der Schweiz zu einer Sorgfaltsprüfung im Bereich Menschenrechte und Umwelt verpflichten will.

Die Erhöhung der Unterschriftenzahl für Volksinitiativen auf 200’000 ist ein heisses Thema. Leistet der eCollector den Befürwortern Vorschub?

Ich denke, wir sollten keine Angst vor einer Facebook-Demokratie und vor stärkerer politischer Partizipation haben. Selbstverständlich kann man darüber diskutieren, ob die heutige Unterschriftenzahl adäquat ist. Eine lebendige Demokratie darf aber nicht auf Ausschluss setzen, wenn sie die nächste Generation im Boot haben will.

Was hat euch auf die Idee für den eCollector gebracht?

Viele Organisationen, Parteien und NGO verfügen heute über eine breite Online-Kontaktbasis und auch im Netz über treue AktivistInnen, die beispielsweise regelmässig Online-Petitionen unterstützen. Dieses Potenzial wollten wir nutzen. Aus der Praxis ist zudem bekannt, dass – bedingt durch den Aufwand – nur wenige Menschen ein PDF herunterladen, es ausfüllen und zurückschicken. Das gilt insbesondere dann, wenn sie unterwegs sind und die Informationen auf dem Smartphone erhalten.

Der eCollector ist eine Art Web-Plattform. Was steckt dahinter?

Der eCollector nutzt erstmals die Möglichkeit, persönliche Daten für einen personalisierten Unterschriftenbogen zu verwenden. Das heisst, wer eine Initiative oder ein Referendum online unterschreiben will, erhält per E-Mail ein automatisch erstelltes PDF, in dem die benötigten persönlichen Angaben (Vorname, Adresse, Geburtsdatum) bereits eingefüllt sind. Sie oder er braucht nur noch den Nachnamen anzugeben und zu unterschreiben, anschliessend kann das Dokument ausgedruckt und zurückgeschickt werden. Rechtlich ist es so, dass bei nationalen Initiativen Nachname und Unterschrift zwingend handschriftlich angegeben werden müssen.

PDF in der Mailbox klingt gut. Aber was machen Leute, die unterwegs sind oder keinen Drucker haben?

Wer will kann sich mit dem eCollector das ganze Paket per Post, sozusagen analog, nach Hause schicken lassen und dann den unterzeichneten Unterschriftenbogen zurückschicken. Erste Erfahrungen mit der Amnesty-Initiative zeigen, dass rund 10 Prozent diesen Postservice in Anspruch genommen haben.

Bis jetzt werden Unterschriften auf der Strasse gesammelt. Welche Vorteile bietet das Netz?

Kampagnenaktivitäten im Netz können mit dem eCollector direkt an eine Unterschriftensammlung gekoppelt werden. Mitglieder und SympathisantInnen einer Organisation haben also die Möglichkeit, im Netz aktiv Unterschriften zu sammeln. Nicht zuletzt vergrössert der eCollector dank einem Schneeball-Effekt auch die Kontaktbasis einer Organisation. Wer unterschreibt kann andererseits selber eine Multiplikatoren-Rolle spielen, indem er oder sie die eigenen Online-Kontakte nutzt, um weitere Unterschriften zu sammeln.

Fehlt im Netz nicht die Möglichkeit des direkten Gesprächs, um Skeptiker zu überzeugen?

Interessierte finden auf der eCollector-Website kurze und knappe Informationen zum Anliegen der Initiative. Amnesty International hat zusätzlich ein Informationsvideo produziert, dass in zwei Minuten alles erklärt. Darüber hinaus ist die Kontaktpflege ein Grundprinzip des eCollector. Per E-Mail wird nachgefasst, weil wir davon ausgehen, dass Empfänger oft beschäftigt sind, wenn die erste Mail mit dem Unterschriftbogen bei ihnen eintrifft.

Steht der eCollector allen Organisationen offen?

Ja, wenn wir auch inhaltlich hinter dem Anliegen stehen können. Technisch ist das Tool so gestaltet, dass parallel mehrere Unterschriftensammlungen gleichzeitig möglich sind. Sammelaktionen können darüber hinaus kurzfristig lanciert werden, denn gerade bei Referenden ist die ja jeweils Zeit knapp.

Wie geht es weiter mit dem Projekt?

Wir arbeiten im Moment an einer Plattform, die in eine Engagement-Community eingebettet werden soll. Der Launch ist für Frühling 2016 geplant.

(Text aktualisiert am 19.11.2015).

Standard